Aferdita Halimi ist eine albanische Autorin, die in Schenefeld lebt.

Veröffentlichungen:

 

                  

               

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Nenn mich nicht Flüchtling

Bitteres Wort
ist das Wort Flüchtling,
das im Hals stecken bleibt
und den Atem im Albtraum erwürgt.

Und wie stellt ihr euch das Leben eines Flüchtlings vor?
Mit Geld in der Tasche und sehr glücklich?!

Wandert der arme Flüchtling aus;
wandert tagsüber, wandert nachts aus.
Wandert durch die dunklen Schlupflöcher des Westens
suchend den Weg der Heimkehr.

Wandert der Arme mit dem Sattel auf dem Rücken,
aufgeladen mit dem Wort Flüchtling
von Oslo bis Athen.

Und du Kosovo?
Sagst du auch zu uns Flüchtling?

Ich bitte dich, sag zu mir nicht Flüchtling!
Sieh mein trännasses Auge,
das mehr als ein Ozean wiegt.

Immer wenn das Gewitter donnert,
und wenn es regnet,
hab keine Angst Kosovo.
Es ist nichts anderes,
nur das Stöhnen eines Flüchtlings
und meine Tränen.

 

Was wäre, …

… wenn ich reich wäre,
wäre ich bedeutungsvoll?
Oder wenn ich arm wäre,
wäre ich nutzlos?

…wenn ich blöde wäre,
oder wenn ich doch klug wäre,
oder hübsch, vielleicht doch hässlich
wäre ich des Menschseins würdig?

…wenn ich ein Fisch im Wasser wäre,
oder ein Wildtier im Wald,
oder wie ein Vogel fliege,
und die ganze Welt besichtige?

…wenn ich alle Sprachen der Welt spräche,
und aus verschiedenen Rassenfarben bestehe,
einmal schwarz, rot, gelb und einmal weiß,
hätte ich manchmal alle Farben auf einmal?

…wenn ich den Sommer auf Mallorca verbringe,
und den Winter auf dem Gipfel vom Mount Everest?
Wäre das nicht toll?
Ich wäre dann universal und überall!

 

Wedel

Im blauen See
bleiben viele strahlende Schwäne,
aber in mein Herz dringt gar nichts ein,
wie jeder Stein in unserem Land.

Am grünenden See entlang
blühen die Blumen im Januar,
aber dieses ist nicht mein Land.
Ein fremdes Land voll Sehnsucht.

Die Elbe füllt sich mit vielen Schiffen
von morgens bis abends,
aber mein Herz ganz leer
schaut herum ohne Lust.

Mein Sinn bleibt fern:
Dort, wo das Kind trockenes Brot isst!
Dort, wo albanisch das Volk spricht!
Dort, wo die Träume goldig sind!

 

Die Gebärdesprache

Einer aus Süden,
der andere aus Osten,
zufällig in Deutschland trafen sie sich
und möchten Freundschaft schließen.

Einer sagte: „Günajden!“
Der Andere: „Mirëdita!
Einer fragte: „Siz neden gelden?“
Der Andere: „Prej nga vjen ti?“

Die beiden verstanden sich,
wie zwei Hünchen am Telefon.
Einer ko-ko-ko, der Andere ki-ki-ku.
Die sprachen nur mit dem Wörterbuch.

Die Gebärdesprache
hat den beiden das Leben gerettet.
Einer sprach mit Füßen, der Andere mit Händen,
aber das war nicht das Ende.

Sie wollten jetzt,
wie normale Menschen leben.
Gingen in einem Laden,
um ihre Deutschkenntnisse zu zeigen.

Der Erste forderte:
„Ich möchte ein Kikirikifleisch haben!“
Er dachte,
er könnte alles richtig sagen.

Der zweite sagte angeberisch:
„Ich wette auf mein Ehrenwort,
wenn ich deutsch zu sprechen versuche,
habe ich mehr Erfolg.“

„Ich möchte ein Kilo Kuchenfleisch!“,
forderte der Kunde.
Der Verkäufer war entsetzt,
wie er sprach.

„Vielleicht möchten Sie Rindfleisch?“,
fragte der Verkäufer.
„Nein, nein, nein! Ich möchte nur Kuchenfleisch!“,
entgegnete der Kunde.

„Kuchenfleisch?!“, staunte der Verkäufer.
„Vielleicht ein Kuchenfleisch mit Zucker, Torte?“
„Nein, nein!“, entgegnete der Kunde.
„Ich möchte keine Torte, sondern Fleisch.“

Der Verkäufer streckte die Arme nach oben
Und machte ein Gans nach: „Paq-paq-paq ...“
„Nein, nein, nein!“, der Kunde machte aus den Fingern Hörner.
„Muh-muh-muh ...“

Endlich hat der Verkäufer
die beiden verstanden.
Der erste Kunde hat Kikirikifleisch
und der zweite Kunde Kuchenfleisch bekommen.

Auf den nach Hausenweg
ist eine Fee vor ihnen erschienen.
Sie hat ihnen
die deutsche Sprache angezaubert.

Und so leben jetzt die beiden
ohne Schwierigkeiten.
Sie sprechen jetzt ohne Füße und Hände,
sondern mit dem Mund und der Zunge.